Die sonore Stimme ist sein Markenzeichen. Mucksmäuschenstill wird es manchmal im Saal, wenn Manfred Maser beim Odenwälder Shanty Chor seine abenteuerlichen Schnurren zum Vortrag bringt. Wenn er seinen Helden Schann Scheid, den Odenwälder Seefahrer, als Geist, der aus der Kelter kam, auf Schatzsuche schickt; den Odenwälder Dialekt anhand des Turmbaus zu Babbel zur Weltsprache erklärt oder in einer ourrewellerisch geprägten Zukunftswelt mit Äbbelwoi als Treibstoff Bembelgeschwindigkeit erreicht. Mit überbordender Phantasie verbindet Maser geschichtliche und sonstige Fakten auf aberwitzige Weise mit trockenem Humor und höherem Blödsinn.

„Die Netwohr-Identität“ ist Masers erstes „Solo“-Projekt. Neben seinen Auftritten mit dem Odenwälder Shanty Chor stand Maser in den letzten Jahren mit dem Gesangsquartett „Sea Song Trading Company“ und - aushilfsweise - für eine Saison bei den Spitzklickern auf der Bühne. Für die traditionsreiche Weinheimer Kabarett-Gruppe ist Maser seit gut zehn Jahren als Mittexter tätig. Seine originellen Ideen und seine „Schreibe“ sind gefragt: Sie finden sich in Franz Kains Soloprogrammen genauso wie beim Klavierkabarettisten Daniel Helfrich oder den Kurpfalz-Betrachtungen von Dr. Markus Weber. Dass Shanty-Kollege Matz Scheid bei seinen solistischen Liederabenden und bei den „Wolpertingern“ auch gerne auf Maser-Texte setzt, versteht sich von selbst.

Und jetzt also solo. Mehr oder weniger. Denn nicht nur beim Shanty Chor immer mit von der Partie: Prof. Dr. Alfons Netwohr, Leiter des Instituts für spekulative Heimatgeschichte. Der Professor aus Fränkisch-Crumbach ist Maser nie versiegende Quelle, unermüdlich forschend und immer den kleinen Auffälligkeiten des Lebens auf der Spur, die zu großen Geschichten und Einsichten führen.

Der Geschichtenerzähler und sein spekulatives Alter Ego – beide wollen sich in Szene setzen, wenn Maser sein Programm „Die Netwohr-Identität“ auf die Bühne bringt. Nicht von ungefähr spricht Maser von einem Solostück für ein bis zwei Personen. Hier der Autor und Vortragskünstler, der mit Textpassagen aus Programmen wie „Der Herr der Heringe“ oder „Eiland“ wunderliche Zeiten und komische Gestalten wieder aufleben lassen möchte. Auf der anderen Seite Alfons Netwohr, der mit Hausmantel und Seidentüchlein wie aus der Zeit gefallen wirkt, die Welt aber wachen Auges betrachtet, um sie aus seiner spekulativen Ecke immer wieder überraschend zu interpretieren und zu kommentieren. Während Maser auf atmosphärisch dichte Erzählungen setzt, paart sich bei Netwohr spitze Zunge mit breitem Dialekt. Zwischen den beiden Protagonisten steht auf der Bühne nicht mehr als ein Garderobenständer und ein Gesangsmikrophon. Letzteres nutzen beide, bei ihren Liedern begleitet vom Fritz-Walter-Trio, in der Besetzung Gag Geisinger (git, akk) und Bernd Windisch (bs, Baritongitarre) das wahrscheinlich kleinste Trio der Welt.